Entschleunigung – Lob des Nichtstuns
Erstmal durchatmen.
Ihr Lieben,
in letzter Zeit laufen mir ständig spannende Artikel über den Weg. Auch heute habe ich wieder einen, den ich gerne mit euch teilen möchte, bevor wir uns wieder den Moderationsmethoden zuwenden – diesmal aus dem aktuellen GEO, zum Thema „ Entschleunigung – Lob des Nichtstuns “.
Burnout, Work-Life-Balance, Hamsterrad, ständige Erreichbarkeit, Entschleunigung – alles Begriffe, die inzwischen zum medialen Dauerbrenner und ständigem Gesprächsthema beim Feierabendbier und in privaten Wohnzimmern geworden sind.
Eine in Deutschland durchgeführte Studie zeigt, dass 2013 bereits 65% der 1.000 repräsentativ befragten Personen über ein „zu hohes Arbeitspensum“ klagten und sich „abgearbeitet und verbraucht“ fühlten, während dies im Jahr 2009 nur 28% von sich behaupteten. Welch ein Anstieg, in nur 4 Jahren!
Gleichzeitig mit der Arbeitsüberlastung, hat sich auch die Geschwindigkeit unserer Zeit massiv erhöht. Inzwischen sind wir immer und überall erreichbar, greifen als erstes nach dem Aufwachen zum smarten Phone und haben nicht selten Probleme mit unserem teilweise selbstauferlegten Tempo Schritt zu halten. Also weit und breit nichts von Entschleunigung zu sehen!
Nachdem vielen – im Gegensatz zu früher – der Glaube an ein Leben nach dem Tod abhanden gekommen ist, muss unser Glück im Hier und Jetzt gefunden und die Zeit so intensiv und umfassend wie möglich genutzt werden. Schon mal den Begriff „Freizeitstress“ verwendet? Ich persönlich höre ihn in meinem Umfeld mindestens genauso oft wie „Überlastung“.
Der Artikel zeigt auf, dass der Ursprung allen Übels schon in den Anfängen unserer Zeit steckt. Denn bereits in der Bibel steht geschrieben: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen“. Diese christliche Arbeitsmoral wurde in weiterer Folge auch ins sozialistische Gedankengut übernommen – so singen die Parteigänger der Arbeiterbewegung auch heute noch: „Müßiggänger schiebt beiseite!“
Ruhe und Müßiggang wird gerne mit Faulheit gleichgesetzt, und Faulheit hat einen GANZ miserablen Ruf. Wer nicht von einem Termin zum anderen hetzt, hat offensichtlich nichts zu tun.
Derweilen wäre es höchste Zeit Entschleunigung zu betreiben, das Tempo individuell wie gesellschaftlich zu drosseln und die Herrschaft über die Zeit wiederzugewinnen (und da nehme ich mich nicht aus!).
Inzwischen gibt es erste Gegenbewegungen zum Geschwindigkeitswahn unserer Gesellschaft: „Slow Food“ Gruppen zelebrieren das langsame, bewusste und genussvolle Kochen und Essen,
„Cloud Lovers“ richten den Blick gen Himmel, um Wolkenpoesie zu erleben und die, die es sich leisten können, schaffen sich Oasen der Entschleunigung namens Arbeitszeitverkürzung, Sabbatical und Elternteilzeit. Entspannen geht aber auch in der Natur, beim Spazieren gehen, Musik hören und beim Sport – wie auch immer und wo auch immer, sollten wir tunlichst anfangen uns Zeit und Raum zum Müßiggang zu schaffen.
Vielleicht sollten wir uns einfach am Tierreich orientieren: dort sind nämlich die stärksten Tiere gleichzeitig die Faulsten: der Tiger verschläft 16h, der Löwe 13,5h seines Tages und sogar die immer emsige Arbeitsbiene verbringt nur 20% ihres Tages mit der Nektarsuche und ihren Aufgaben im Stock.
Oder wir lassen uns von dem inzwischen als Buch veröffentlichen Blogbeiträgen der Australierin Bronnie Ware aufrütteln, die acht Jahre lang Sterbende auf einer Palliativstation gepflegt und notiert hat, was ihre Patientinnen und Patienten beim Rückblick auf ihr Leben bereut haben.
Auf Platz 1: „Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben.“ Platz 2:“Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.“
Tja, das gibt zu denken! Mein Beruf ist zwar meine Berufung, jedoch ab und zu ist auch Entschleunigung angesagt, auch im Sinne der “geistigen Verdauung” von Eindrücken!
In diesem Sinne noch einen schönen Sommer! Liebe Grüße, Birgit
PS: Auch Loriot hat sich zu diesem Thema etwas einfallen lassen: https://www.youtube.com/watch?v=sJSLPv86QXo
Liebe Birgit,
danke für diesen so wichtigen Blogbeitrag. Ich übe mich auch immer wieder im Entschleunigen und im Nichtstun. Und manchmal bekomme ich das auch richtig gut hin.
Dir wünsche ich noch einen schönen Sommer und liebe Grüße
Brigitte
Gratulation, liebe Brigitte! Konkrete Tipps, wie du das angehst, sind herzlich willkommen! Ich bin ja nicht gerade als Entschleunigungsweltmeisterin berühmt :-), aber am besten gelingt es mir – gerade nach einem Training oder einem Workshop – beim gaaaaanz langsamen und achtsamen Spazieren in der Natur (wenn ich dabei auch noch Schwammerl/Pilze suchen kann, noch besser). Auch Schwimmen oder Yoga finde ich dafür genial. Liebe Grüße, Birgit
Hallo Birgit, ich laufe gerne! wobei ich nicht einen Rekord als Ziel habe, sondern den Flow. Ich meine damit, ich liebe es mich in der Natur zu bewegen, mir gutes zu tun, mich vom Schreibtisch aufzurichten (ich bin aber auch schon während meiner manuellen Arbeite-Lebensfase gelaufen). Wenn ich wehrend des Laufens jemanden Treffe oder vielleicht einen Dirndl-Strauch oder eine Brombeerhecke mit reifen Früchten oder reifem Obst sehe, dann bleibe ich auch stehen … um zu genießen … Obwohl ich “Leistung” erbringe, wirkt das Laufen für mich wie ein Auftanken von Energie!
Wenn ich laufe ermittle ich (meist kurz) vorher die Strecke oder das Ziel … beim Laufen wird das aber oft verworfen, wenn z.B. mir ein Abzweigung oder ein Weg als erforschenswert auffällt … Zu Beginn denke ich an meinen Körper, lockere ihn, bemerke das eine oder andere Problem, dann denke ich an den heutigen Tag … nach vielleicht 20 min. denke ich dann an nichts mehr … der Flow kann beginnen … es läuft! Danach kommen wir dann wunderbare Gedanken und Ideen.
Ich habe auch bei anderen Gelegenheiten gute Ideen … beim Duschen und oft auch “in einem kleinen Raum” 🙂 … die Ideen fließen bei mir oft wenn ich mich entspanne!
Beim Essen bin ich meist der langsamste … ich genieße mein Essen … in Gesellschaft kommt es auch vor, dass ich so langsam bin, weil ich zwischen den Bissen auch gerne mal rede … Stehen beim Essen geht eigentlich überhaupt nicht …
Gartenarbeit ist auch eine Quelle der Entspannung … als Vegetarier sein eigenes Gemüse zu ziehen ist ein richtiges Erlebnis … wirtschaftlich ist es nicht … aber Geld ist je bekanntlich nicht alles …
Sonnige Grüße!
Joe
Vielen Dank, dass du uns an deinen Entschleunigungsmechanismen teilhaben läßt, lieber Joe!
Herzliche Gruesse und viel Freude weiterhin! Birgit