Die 12 Prinzipien der Neurodidaktik – Teil 2 (von 3)

Ende Mai habe ich dir hier die ersten 6 von 12 Prinzipien der Neurodidaktik vorgestellt, welche für die Konzeption und Umsetzung deiner Trainings wesentlich sind.

Zur Erinnerung, kurz zusammengefasst: Lernen ist ein physiologischer Vorgang aus organischen Wachstumsprozessen im Gehirn, das Gehirn ist ein soziales Organ (heißt: Lernprozesse, die in soziale Situationen eingebunden sind, verlaufen wirksamer), wir suchen immer nach dem Sinn hinter dem Gehörten, neue Erkenntnisse werden mit vorhandenen Wissens- und Erfahrungsmustern verknüpft, Emotionen sind wichtig für langfristiges Lernen und das Gehirn verarbeitet Informationen gleichzeitig in Teilen und als Ganzes.

Soviel zu den ersten 6 Prinzipien, die du hier gerne nochmals ausführlicher nachlesen kannst.

Kommen wir nun zu weiteren 3 Prinzipien:

7. Lernen erfolgt sowohl durch gezielte Aufmerksamkeit als auch durch periphere Wahrnehmung

Das heisst, nicht nur WAS du als TrainerIn sagst ist wichtig, sondern auch WIE du es sagst. Nicht nur der Inhalt ist ausschlaggebend, sondern auch das Lernumfeld. Von der Gestaltung der Räumlichkeiten bis hin zur Atmosphäre der TeilnehmerInnen untereinander und deiner Stimmung als TrainerIn. All dies nimmt Einfluss auf die Motivation deiner TeilnehmerInnen und die Bereitschaft und Fähigkeit Gelerntes langfristig zu verankern und Outcomes aus Workshops zu verinnerlichen.

In einem älteren Blogartikel zum Thema habe ich meine Gedanken dazu schon einmal zusammengefasst.

Die Gestaltung des Umfelds und WIE du Inhalte übermittelst, funktioniert übrigens umso besser, je weniger deinen TeilnehmerInnen bewusst ist, dass du hier aktiv Einfluss nimmst.

Blumen tragen zu einer netten Lern-Atmosphäre bei.

Schöne Trainingsräume haben einen positiven Einfluss auf den Lernerfolg.

Die ansprechende  Trainingsumgebung samt frischer Luft wirkt.

8. Lernen geschieht sowohl bewusst als auch unbewusst

Unser Gehirn braucht eine gewisse “Inkubationszeit” um Inputphasen zu verarbeiten. Während dieser Inkubationszeit empfiehlt es sich, erst einmal etwas völlig anderes zu tun, das möglichst wenig Berührungspunkte mit dem eigentlichen Thema hat und relativ anspruchslos ist. In dieser Zeit laufen die assoziativen Prozesse im Gehirn weiter.

Empfehlenswert sind während dieser Inkubationszeit Entspannungsübungen, Bewegung, Achtsamkeitsübungen und/oder Mediationen – auf alle Fälle aber solltest du gerade dann keine intellektuell oder emotional schwierigen Themen bearbeiten!

Wechsle Input- und Inkubationsphasen am besten immer wieder ab – damit schaffst du einen fruchtbaren Boden für nachhaltiges Lernen.

Abschalten und Lerninhalte “verdauen” beim Kopfstand.

Die wandelnde lebendige Pinwand 🙂

Im Training wurde nicht nur die Kopfstand-Methode geübt, sondern sogar Handstand! (aber nicht alle 🙂

s. auch Sommerakademie 2017

9. Es gibt mehrere Arten von Gedächtnis

Gelerntes wird langfristiger gespeichert, wenn deine TeilnehmerInnen ihre Erkenntnisse und Erfahrungen in verschiedenen “Gedächtnismodulen” ablegen und miteinander verknüpfen.

Was heisst das? Lerninhalte werden in der Regel durch mehrere Sinne aufgenommen, idealerweise durch den ganzen VAKOG (visuell, auditiv, kinesthätisch, olfaktorisch, gustatorisch). Hier gilt die einfache Regel: je mehr Sinne angesprochen werden, desto besser.

Beispielsweise ist die Motorik sehr eng mit dem Motivationssystem des Gehirns verknüpft. Statt also über Ziele und Meilensteine nur zu sprechen und diese eventuell (was zum Glück heutzutage schon in vielen Fällen passiert) zB. auf einem Flipchart zu visualisieren, kannst du deine TeilnehmerInnen diese auch auf einer Zeitlinie (zB. aus Kreppband oder aneinandergelegten Moderationskarten) auflegen lassen. Deiner Kreativität sind hier wirklich keinerlei Grenzen gesetzt!

Wichtig bei der Aufnahme der Lerninhalte sind allerdings nicht nur die Sinne, sondern auch die unterschiedlichen “Arten” von Gedächtnis: so zB. das episodische Gedächtnis, das prozedurale sowie vor allem das emotionale Gedächtnis. Wenn du hier vielfache Methoden anwendest um einige unterschiedliche Gedächtnisarten zu aktivieren, hinterlässt du bleibende Spuren in den Köpfen deiner TeilnehmerInnen!

“Ziele vereinbaren” mal etwas anders…

Verschiedene Gruppen bringen Stühle in eine gewissen Ordnung, und das non-verbal!

Ist das Ziel erreicht? Reflexion erfolgt im Anschluss.

Na, immer noch an Neurodidaktik interessiert? In einem der nächsten Blogartikel findest du dann die letzten 3 Prinzipien – es geht dann um Entwicklungsabhängigkeit, Stress und die Einzigartigkeit unserer Gehirne! Stay tuned! 

Ein eigenes Kapitel zum Thema Neurodidaktik findest du übrigens auch in meinem Buch “Blühende Workshops und Trainings mit Erfolgsgarantie”, das es nun auch auf Englisch gibt! Wer noch mehr darüber wissen möchte, sei auf das Buch “Neurodidaktik für Trainer: Trainermethoden effektiver gestalten nach den neuesten Erkenntnissen der Gehirnforschung” verwiesen.

Ich freue mich aufs Wiederlesen!!

Deine Birgit