Service Design Thinking für „Wolpertinger-Anforderungen“ oder auch: „Von Fabelwesen und Innovationsprozessen”

Teil 1

Vor Kurzem ist mir im schönen Retz ein Wolpertinger begegnet.

Ein Wolpertinger ist ein bayrisches Fabelwesen. Genauer gesagt, ein Mischwesen.

Das kann in unterschiedlichsten Abwandlungen daherkommen. Als Eichhörnchen mit Entenschnabel. Als Hase mit Hirschgeweih. Oder auch – dies gilt unter Kennern als besonders beeindruckendes Exemplar – alles zusammen und noch mehr.

Der Wolpertinger frei nach Dürer

(c) Jeanot/wikipedia.org

Und manchmal eben auch als Allegorie für einen ziemlich umfangreichen Innovationsworkshop mit mehrschichtigen Anforderungen.

Vielen von uns ist ein solcher Wolpertinger also bestimmt schon einmal über den Weg gelaufen. Und hat uns vor die eine oder andere Herausforderung gestellt.

Und so eben auch kürzlich in Retz.

Da war ich gerade und moderierte einen 2-tägigen Innovationsworkshops mit dem AIT Center for Mobility Systems mit ca. 70 Personen im wunderschönen Althof.

Service Design für Innovationsprozesse

Der Start war ganz einfach. Da haben wir den Wolpertinger erst einmal von allen Seiten betrachtet. „Welche Anforderungen bringt er tatsächlich mit sich?“

In diesem Fall war das zum Beispiel: die vorhandenen Kompetenzen noch besser sichtbar zu machen. Das Loslösen vom organisationalem Korsett, Kooperationsmöglichkeiten innerhalb des Centers auszuloten und Synergien aufzugreifen.

Und schließlich auch noch den Infofluss zu verbessern, neue Ideen für bestehende und neue Kundschaften zu brainstormen und erste Visionen zu skizzieren. Und die Ergebnisse sollen auch in einen kommenden Strategieprozess einfließen.

Für mich kam hier nur eines in Frage: Service Design (auch bekannt als Design Thinking, wozu es übrigens schon 2 Blogartikel mit einer Kurzbeschreibung gibt: „Alter Wein in neuen Schläuchen?“ und Design Thinking in der BusinessMind Alumni Lounge)

Weil mich dieser Innovationsprozess so begeistert, darf ich mich übrigens – zahlreiche Workshops und einen ganzen Service Design Lehrgang (3×2 Tage) bei Cplus (mit den exzellenten Trainerinnen Barbara Weber-Kainz und Linda Kaszubski) später – demnächst sogar hochoffiziell zertifizierter „Service Design Facilitator“ nennen.

Warum nun aber gerade Service Design?

Service Design bietet folgende Vorteile:

  • Sich in den Köpfen der Kundschaft bewegen und deren Bedürfnisse ergründen
  • Out-of-the-Box Denken
  • Ideen durch Prototyping erlebbar machen und frühzeitiges Feedback einholen
  • In Systemen denken und nicht in Insellösungen
  • Das Wissen und die Erfahrungen ALLER nutzen (im konkreten Fall des aller MitarbeiterInnen; es könnten jedoch auch Stakeholder eingebunden werden)
  • Und somit die Zukunft denken und versuchen zu skizzieren

Es ist daher ausgezeichnet geeignet Innovations- und Strategieprozesse zu begleiten.

Wie sind wir konkret vorgegangen?

Anhand des sog. Double Diamond Modells: 1. Tag – Exploration, 2. Tag – Kreation.

Der Double Diamond Prozess im Service Design

Am 1. Tag, dem “Explorationstag”, starteten wir vorab zuerst noch mit einer Werte-Übung (diese Übung habe ich dir in einem Blogartikel zum Fish Forward Inception Workshop schon einmal kurz vorgestellt. Du findest Sie etwa in der Mitte des Blogartikelsmit der Fragestellung „Was ist dir wichtig an der Zusammenarbeit im Center?“

Zum Unterschied zu einem klassischen Service Design Prozess begaben wir uns nicht auf eine Customer Journey, sondern explorierten v.a. die intern vorhandenen Kompetenzen (mit Blick auf die zuvor genannten Anforderungen):

Den Anfang bildeten sehr kreative Präsentationen (max. 10 Minuten) zur Vorstellung der Kompetenzen von 7 Units/Research Fields.

Damit die Inhalte gut behalten werden konnten, statteten wir die TeilnehmerInnen mit sog. Transferblättern aus, auf denen sie Notizen zu vorgegebenen Fragen machen konnten, wie z.B. „Was hat dich überrascht?“, „Welche Anknüpfungspunkte nimmst du zu deiner Unit wahr?“, etc. Die Erkenntnisse wurden dann sofort mit NachbarInnen diskutiert.

Marktplatz meets Personas

Anschließend gab’s einen „Kompetenzen-Marktplatz“, bei dem „gelustwandelt“ werden konnte, um weitere Infos einzuholen und verschiedene Anknüpfungspunkte näher zu diskutieren.

Als nächsten Schritt kreierten wir in gut durchmischten Gruppen sog. PERSONAS von den wichtigsten, schon bestehenden Kundschaften. PERSONAS sind fiktive Personen, in die man sich hineinversetzt und versucht deren Perspektive einzunehmen, v.a. in Bezug auf ihre Bedürfnisse. Dies dient dazu, diese weniger abstrakt wahrzunehmen, sondern angreifbarer und lebendiger. Da die bestehende Kundschaft den meisten sehr vertraut war, wurde auf Interviews – die ansonsten oftmals durchgeführt werden – verzichtet.

Eine spannende Diskussion im Fishbowl mit Externen mit der speziellen Profilanforderungen schon mal im AIT gearbeitet zu haben, bildete den Abschluss des 1.Tages. Diese diente dazu, eine Outside-In-Perspektive zu erhalten: „Also, ihr habt längere Zeit im AIT gearbeitet, wie seht ihr nun – nach Beobachtung der heutigen Aktivitäten –  manches von außen, mit einem anderen organisationalem Background?“

Soviel erstmal zum 1. Teil des Service Design Prozesses mit dem AIT. Im nächsten Blogartikel berichte ich dir dann, wie wir die Erkenntnisse des Explorationstages zusammengeführt, und auf Basis der Personas erste Prototypen und Visionen entwickelt haben. Bleib dabei und lies auch nächste Woche wieder mit!!

Und hinterlasse uns gerne einen Kommentar zu DEINEN bisherigen Service Design-Erfahrungen!

Liebe Grüße, Birgit